Krebs und das Immunsystem
Inhaltsverzeichnis
1. Das Immunsystem als Abwehr gegen Krebs
Unser körpereigenes Immunsystem ist grundsätzlich in der Lage, Krebszellen zu erkennen und erfolgreich abzuwehren. Dabei gibt es zwei Arten der Immunabwehr: Eine unspezifische Abwehr gegen alle Krankheitserreger und eine erworbene Abwehr gegen bestimmte Strukturen von Erregern und Zellen. Dennoch können sich bei manchen Menschen Tumoren bilden.
Um sich vor Krebs zu schützen oder Krebs zu bekämpfen, reicht es daher nicht aus, das Immunsystem generell zu stärken. Die Wissenschaft versteht das Zusammenspiel zwischen Immunsystem und Krebsentstehung aber immer besser und ermöglicht dadurch neue Behandlungsansätze im Kampf gegen den Krebs.
Ein intaktes Immunsystem kann Krebszellen bekämpfen
T-Zellen sind Teil des Immunsystems. Anhand von Antigenen (Molekülstrukturen auf der Zelloberfläche) erkennen sie mit Hilfe von Rezeptoren (Andockstellen) Krebszellen als krankhaft veränderte Zellen und leiten die Abwehrreaktion ein.
Die T-Zelle erkennt die Krebszelle anhand von Antigenen als krankhaft veränderte Zelle und leitet die Immunantwort ein.
2. Wie kann sich der Krebs vor dem Immunsystem verstecken?
Krebszellen können Mechanismen entwickeln, um der Zerstörung durch das Immunsystem zu entgehen. Diese sind unter anderem:
- Die Krebszellen können Moleküle auf der Zelloberfläche (Antigene) verbergen, die sie als krankhaft verändert oder körperfremd kennzeichnen würden. Damit sind sie für das Immunsystem „unsichtbar“.
- Sie „bremsen“ das Immunsystem aus: Krebszellen sind wie jede Zelle in der Lage, Moleküle zu bilden und sie auf der Zelloberfläche zu präsentieren. Diese können nach dem „Schlüssel-Schloss-Prinzip“ an bestimmte Rezeptoren auf der Oberfläche der T-Zelle binden. Sie senden gefälschte Stoppsignale und drosseln so die T-Zellaktivität. Die T-Zellen sind dadurch nicht mehr in der Lage, die Krebszellen anzugreifen bzw. zu zerstören. Die Krebszellen können ungehindert weiterwachsen und vermehren sich unkontrolliert – ein Tumor kann entstehen.
Krebszellen können dem Immunsystem entgehen
Sogenannte Immun-Checkpoints sind zentrale Kontrollpunkte des Immunsystems, die die Aktivität von T-Zellen steuern. Manche Krebszellen nutzen diese Checkpoints, um Stoppsignale zu senden. Die Funktion der T-Zellen wird damit gehemmt. Folglich können die T-Zellen die Krebszellen nicht mehr angreifen bzw. zerstören.
Krebszellen können die Funktion der T-Zelle hemmen und so eine Immunreaktion verhindern.
3. Zentrale Kontrollpunkte des Immunsystems: „Immun-Checkpoints“
Immun-Checkpoints sind sogenannte Steuermoleküle (regulatorische Rezeptoren) auf der Oberfläche von T-Zellen. Sie dienen als zentrale Kontrollpunkte des Immunsystems. Ihre Aufgabe ist es, die Aktivität der T-Zelle zu regulieren und eine Überreaktion des Immunsystems zu verhindern. Diese Regulierung ist sehr wichtig, denn ein überaktives Immunsystem würde im schlimmsten Fall die körpereigenen Zellen angreifen. Autoimmunerkrankungen sind ein Beispiel für solch eine Fehlregulation: Das Immunsystem erkennt hierbei irrtümlicherweise das körpereigene Gewebe als Fremdkörper und bekämpft dieses.
4. Immuntherapie bei Krebs mit „medikamentösen Antikörpern“
In genau diesem Zusammenspiel von Krebszellen und dem Immunsystem setzen immunonkologische Therapien an, indem sie das körpereigene Immunsystem reaktivieren und wieder in die Lage versetzen, aktiv gegen den Krebs vorzugehen. Arzneimittel aus dem Bereich der Immunonkologie sind z.B. künstlich hergestellte Antikörper, die zur Krebsbehandlung eingesetzt werden. Diese medikamentös verabreichten Antikörper binden an die gleichen Immun-Checkpoints auf der Oberfläche der T-Zelle, die auch die Krebszelle „ausnutzt“. Nun hat die Krebszelle weniger Möglichkeiten, an die gleiche Andockstelle zu binden. Damit kann der Körper kein „gefälschtes“ Stoppsignal mehr erhalten, das die Aktivität des Immunsystems drosselt: Es ist wieder voll funktionsfähig und kann die Krebszellen angreifen.
Immunonkologie: Mit dem körpereigenen Immunsystem den Krebs bekämpfen
Bei immunonkologische Therapien mit sog. Checkpoint-Inhibitören werden Antikörper verwendet, die eine Reaktivierung der T-Zellen bewirken. Hierzu werden z. B. Rezeptoren, das sind Andockstellen der T-Zellen, mit medikamentös verabreichten Antikörpern besetzt. Krebszellen können die Andockstellen somit nicht mehr verwenden, um Stoppsignale zu senden. Das Immunsystem kann die Krebszellen wieder angreifen.
Der medikamentös verabreichte Antikörper bindet an die Immun-Checkpoints und verhindert so das Andocken der Krebszelle.
5. Immunonkologische Nebenwirkungen – Was man als Patient:in wissen sollte
Immunonkologische Wirkstoffe wirken aktivierend auf das körpereigene Immunsystem. Im Gegensatz zu anderen Therapieformen wird hierbei das Immunsystem nicht unterdrückt. Deshalb können bei der immunonkologischen Behandlung bestimmte Nebenwirkungen auftreten, die auf eine erhöhte Immunaktivität zurückzuführen sind – ähnlich wie bei Autoimmunerkrankungen. Zu den immunvermittelten Nebenwirkungen zählen z.B. Entzündungen der Lunge, des Darms, der Leber, der Nieren, der Hormondrüsen (insbesondere Schilddrüse, Hirnanhangdrüse, Nebennieren), der Haut und anderer Organen. Treten bei der Behandlung Nebenwirkungen auf, sollte umgehend das behandelnde medizinische Fachpersonal konsultiert werden.
Weiterführende Informationen
Behandlungswahl: Was muss ich wissen?
Eine Orientierungshilfe finden Sie im Informationsblatt Behandlungswahl: Was muss ich wissen? des Deutschen Krebsinformationsdienstes.
Das Immunsystem
Das Immunsystem ist ein ausgeklügeltes Abwehrsystem, das dafür zuständig ist, den Körper vor Schäden und Eindringlingen zu schützen. Wie es funktioniert, lesen Sie hier.
Immunonkologische Therapie
Das eigene Immunsystem als Schlüssel im Kampf gegen Krebs nutzen? Erfahren Sie hier, wie diese Idee in der Immunonkologie zur Anwendung kommt.
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Bei vielen Krebserkrankungen gibt es heute mehrere Therapieoptionen. Hier stellen wir eine Auswahl vor, die für die Therapiewahl eine Rolle spielen können.
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Obwohl uns alle das Thema Krebs auf die eine oder andere Art berührt, wird es von einigen noch als Tabu wahrgenommen. Das wollen wir mit Café Krebs ändern. Wir wollen Raum schaffen zum Diskutieren, Lachen, Weinen und Grübeln und die Tür für Gespräche öffnen, um dem Krebs ein wenig seiner Macht zu nehmen.
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Hilfe für Betroffene und Angehörige finden Sie bei Beratungsstellen des Krebsinformationsdienstes.
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