Cholesterin und HIV
Autor:
Dr. med. Hannah Linke
Leiterin Ambulanz für erworbene Immunschwäche, Universitätsklinikum Münster (UKM)
Was ist Cholesterin?
Cholesterin ist eine fettähnliche Substanz, ein sogenanntes Lipidmolekül. Es kommt überall in unserem Körper vor und hat verschiedene wichtige Funktionen:
- Es ist ein notwendiger Baustein bei der Bildung von Zellmembranen aller Körperzellen.
- Es spielt eine wichtige Rolle bei der Produktion von Hormonen zum Beispiel Testosteron und Östrogen.
- Es wird für die Bildung von Gallensäuren benötigt und ist damit auch im Verdauungsprozess unverzichtbar.
Cholesterin wird vom Körper selbst gebildet. Der Hauptbildungsort ist die Leber, von hier wird es über das Blutsystem zu allen wichtigen Organen transportiert. Cholesterin wird aber – genauso wie Triglyceride (Fette)- auch über die Nahrung aufgenommen. Hierbei spielen insbesondere tierische Lebensmittel eine Rolle. Damit das fetthaltige Cholesterin im Blut an seine Zielorte transportiert werden kann, greift der Körper in die Trickkiste und umhüllt es mit sogenannten Lipoproteinen. Der Lipidstoffwechsel ist das Zusammenspiel verschiedener Arten von Lipoproteinen, die Hauptakteure sind neben weiteren Partikeln das LDL-Cholesterin (Low-Density-Cholesterin) und HDL – Cholesterin (High-Density-Cholesterin).
Während das LDL verantwortlich ist für den Weg des Cholesterins hin zu den Zielorganen, hilft das HDL überschüssiges Cholesterin aus den Arterien zu entfernen und zur Leber zurück zu transportieren, wo es abgebaut und aus dem Körper ausgeschieden wird.
Das Problem entsteht, wenn das Gleichgewicht zwischen Cholesterinbildung und –abbau gestört wird. Zu große Mengen an Cholesterin kann zu Ablagerungen an Gefäßwänden mit Plaquebildung führen. Wenn hierdurch Gefäße am Herzen oder im Gehirn kritisch verengt oder ganz verschlossen werden, kann dies- in Abhängigkeit von der betroffenen Region- zu Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall führen.
Es ist wichtig, regelmäßig den Cholesterinspiegel überprüfen zu lassen, um mögliche Risiken frühzeitig zu erkennen und entsprechend zu handeln. Die Bestimmung der Cholesterinwerte erfolgt im Blut. Häufig wird als Einheit mg/dl angegeben, alternativ wird auch mmol/l verwendet.
Als Screeningparameter werden Gesamtcholesterin, High-Density-Lipoprotein (HDL) und Triglyceride bestimmt. Aus Gesamtcholesterin, Triglyceriden und HDL kann das Low-Density-Lipoprotein (LDL) errechnet werden.
Die LDL Zielwerte sind abhängig vom individuellen Risikoprofil. Grundsätzlich gilt, je niedriger der LDL-Cholesterinspiegel, desto niedriger ist das kardiovaskuläre Risiko. Insbesondere für Menschen, die bereits kardiovaskulär erkrankt sind, werden daher besonders niedrige Werte angestrebt.
Cholesterinwerte werden durch unterschiedliche Faktoren beeinflusst. Manche davon sind modifizierbar, andere nicht.
- Alter: Mit zunehmendem Alter steigt für Frauen und Männer das Risiko für hohe Cholesterinwerte.
- Ernährung: Eine Ernährungsweise mit hohem Anteil an gesättigten Fetten und sogenannten Transfetten kann den LDL-Cholesterinspiegel erhöhen. Transfette entstehen durch industrielle Verarbeitung von Fetten, beispielsweise Frittieren.
- Genetik: Erbliche Faktoren können die Fähigkeit des Körpersbeeinflussen, Cholesterin zu verarbeiten.
- Lebensstil: Ein Mangel an Bewegung, Übergewicht und Rauchen können den Cholesterinspiegel negativ beeinflussen.
- Medikamente: Die antiretrovirale Therapie bei HIV-Infektion ist unverzichtbar, dennoch kann die Einnahme der Medikamente zu erhöhten Cholesterinwerten führen. Hierzu gehören insbesondere geboosterte Proteasehemmer. Andere Wirkstoffe haben keinen besonderen Einfluss auf die Lipide. Hierzu zählen Integrasehemmer genauso wie Nicht-Nukleotidische Reversetranskriptase Hemmer (NNRTI). Andere haben sogar einen gewissen lipidsenkenden Effekt.
- Ernährungsumstellung: Eine Ernährung reich an Ballaststoffen und arm an gesättigten Fetten und Transfetten kann helfen, Cholesterin zu senken. Günstig ist beispielsweise die Verwendung von Raps- oder Olivenöl und eine an die mediterrane Kost angelehnte Ernährungsweise empfohlen, die reich ist an Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte, Nüsse, Vollkornprodukte, Fisch und Geflügel. Triglyzeride sind durch die Ernährungsweise effektiver zu beeinflussen als das Cholesterin.
- Bewegung: Regelmäßige körperliche Aktivität kann das HDL-Cholesterin erhöhen und das LDL-Cholesterin senken. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt Erwachsenen mindestens 150 bis 300 Minuten moderaten Ausdauersport pro Woche, alternativ 75 bis 150 Minuten anstrengenden Ausdauersport pro Woche oder eine Mischung aus beidem. Außerdem helfen Aktivitäten wie Krafttraining an zwei Tagen in der Woche, die Muskeln zu stärken. Aber jede Bewegung im Alltag hilft, die Zeit im Sitzen zu verringern.
- Gewichtskontrolle: Abnehmen kann den Cholesterinspiegel verbessern. Starkes, insbesondere bauchbetontes Übergewicht, trägt häufig zu einem Ungleichgewicht der Lipidwerte bei. Bereits eine Gewichtsreduktion von 5-10% kann sich hier günstig auf den Cholesterinspiegel auswirken.
- Medikamente: In einigen Fällen können cholesterinsenkende Medikamente notwendig sein, wenn Lebensstiländerungen allein nicht ausreichen. Eine kürzlich veröffentlichte Kohortenstudie hat gezeigt, dass bei einer HIV-Infektion auch Personen mit niedrig-moderatem Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen von einer medikamentösen Therapie, in diesem Fall mit einem Statin, profitieren können.
Bei guter Behandlung mit antiretroviraler Therapie können Menschen mit HIV mittlerweile die Lebenserwartung der Normalbevölkerung erreichen. Ihr Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bleibt jedoch auch bei guter Therapie höher als das der Allgemeinbevölkerung. Ein ungesunder Lebensstil, aber auch die HIV-Therapie können das Risiko zusätzlich negativ beeinflussen. Ihr:e Ärzt:in wird daher ggf. eine Umstellung oder Ergänzung Ihrer Medikation vornehmen. Sie können zusätzlich selbst einen wichtigen Beitrag leisten, indem Sie Ihre Lebensgewohnheiten entsprechend anpassen, z.B. nicht rauchen, sich gesund ernähren und viel bewegen!
HIV und Schlafstörungen
Neben erhöhten Cholesterinwerten können auch Schlafstörungen bei Menschen mit HIV eine Rolle spielen. Es ist wichtig, die Ursache der Schlafstörungen zu identifizieren und gegebenenfalls eine entsprechende Behandlung anzustreben. HIV-Patient:innen sollten sich bei Schlafstörungen an ihren behandelnden Arzt wenden und eventuelle Nebenwirkungen von Medikamenten besprechen.
Gewicht und HIV
Bei Menschen mit HIV spielen Übergewicht und Adipositas – wie in der Allgemeinbevölkerung – eine zunehmende Rolle. Adipositas dürfte dabei zu dem ohnehin erhöhten Risiko für Folgeerkrankungen bei Menschen mit HIV beitragen.
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